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Ordnung für die Benutzung des kirchlichen Archives (Benutzungsordnung)1#

Vom 20. Juni 2000

(ABl. 2000 S. 82)

Aufgrund des § 6 in Verbindung mit § 13 des Archivgesetzes vom 26. Februar 1999 (Kirchl. Amtsblatt Hannover S. 31) erlassen wir folgende Ausführungsverordnung (Benutzungsordnung):
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§ 1
Geltungsbereich

Die Benutzungsordnung gilt für alle kirchlichen Dienststellen, die kirchliches Archivgut verwalten (im Folgenden »Archive« genannt). Sie gilt entsprechend auch für den Bereich der Diakonischen Werke und für andere kirchliche Einrichtungen und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit, wenn und soweit die zuständigen Organe die Übernahme beschlossen haben.
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§ 2
Zulassung zur Benutzung

( 1 ) Jede Person, die ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, hat das Recht, kirchliches Archivgut auf Antrag zu benutzen, insbesondere zu kirchlichen, amtlichen, wissenschaftlichen, heimatkundlichen oder familiengeschichtlichen Zwecken oder zur Wahrnehmung berechtigter persönlicher Belange.
( 2 ) Der Benutzungsantrag ist schriftlich zu stellen. Er muss Angaben zur Person des Benutzers oder der Benutzerin ggf. seines oder ihres Auftraggebers oder seiner oder ihrer Auftraggeberin, zum Forschungsgegenstand und Benutzungszweck und darüber enthalten, ob und wie die Forschungsergebnisse ausgewertet werden sollen.
( 3 ) Für jeden Forschungsgegenstand ist ein gesonderter schriftlicher Antrag zu stellen. Ein Antrag, mit dem allgemein Einsicht in Archivgut oder in das Archiv begehrt wird, ist unzulässig.
( 4 ) Der Benutzer oder die Benutzerin ist verpflichtet, die Benutzungsordnung einzuhalten. Bestehende Urheber- und Persönlichkeitsrechte sowie berechtigte Interessen Dritter sind zu beachten. Er oder sie hat für die Verletzung dieser Rechte und Interessen einzustehen.
( 5 ) Über den Antrag entscheidet der oder die für das Archiv Verantwortliche (Leiter oder Leiterin); die Benutzungserlaubnis kann an Bedingungen geknüpft oder unter Auflagen erteilt werden.
( 6 ) Die Benutzungserlaubnis begründet keinen Anspruch auf Einsicht in Findbücher, Findkarteien und andere Hilfsmittel zur Erschließung von Archivgut.
( 7 ) Mit dem Antrag gibt der Antragsteller oder die Antragstellerin die Einwilligung, dass sein oder ihr Name, Vorname, Anschrift sowie Thema und Art des Benutzungszweckes gespeichert und für dienstliche Zwecke verarbeitet werden. Sofern eine ausdrückliche Einwilligung des Benutzers oder der Benutzerin vorliegt, dürfen diese Angaben zur Beratung in anderen Benutzungsfällen verwandt werden.
( 8 ) Wünschen Benutzer, andere Personen als Hilfskräfte oder Beauftragte zu ihren Arbeiten heranzuziehen, so ist von diesen jeweils ein besonderer Antrag zu stellen.
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§ 3
Ausweispflicht

Benutzer haben sich auf Verlangen jederzeit auszuweisen.
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§ 4
Schutzvorschriften

( 1 ) Für die Benutzung des kirchlichen Archivgutes sind die in § 7 des Archivgesetzes festgelegten Schutzfristen maßgebend.
( 2 ) Die in § 7 Abs. 7 Nr. 1 des Archivgesetzes vorgesehene Einwilligungserklärung einer betroffenen Person oder ihres Rechtsnachfolgers in die Benutzung vor Ablauf der Schutzfristen hat der Benutzer oder die Benutzerin beizubringen.
( 3 ) Die Benutzung des kirchlichen Archivgutes durch betroffene Personen im Rahmen ihrer Rechtsansprüche regelt sich nach § 9 des Archivgesetzes.
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§ 5
Benutzungsbeschränkungen

( 1 ) Die Benutzungserlaubnis ist bei Vorliegen der im § 8 des Archivgesetzes genannten Gründe einzuschränken oder zu versagen.
( 2 ) Die Benutzungserlaubnis ist ebenso zu versagen, wenn die begründete Vermutung besteht, dass der Antragsteller oder die Antragstellerin die mit dem Antrag eingegangenen Verpflichtungen nicht einhalten wird.
( 3 ) Die Benutzung von Archivgut soll nicht erlaubt werden, wenn
  1. die Ermittlung und Aushebung einen nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand erfordern,
  2. der mit der Benutzung verfolgte Zweck durch die Einsicht in Reproduktionen, Druckwerke oder andere Veröffentlichungen erreicht werden kann,
  3. das Archiv oder das gewünschte Archivgut ungeordnet und deshalb nicht benutzbar ist,
  4. das Archivgut wegen seines schlechten Erhaltungszustandes durch die Benutzung gefährdet ist oder für die Gesundheit der Benutzer eine Gefahr darstellen könnte,
  5. geeignete Räume nicht zur Verfügung stehen.
( 4 ) Zuständig für die Entscheidung nach den Absätzen 1 bis 3 ist die Leitung des Archivs. Bei Zweifeln ist die Entscheidung des Archivs der Gliedkirche einzuholen.
( 5 ) Wird die Benutzung erlaubt, ist schriftlich festzuhalten, welches Archivgut und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen und mit welchen Auflagen vorgelegt worden ist. Findmittel für geschütztes Archivgut dürfen vor Ablauf der Schutzfristen nur mit Genehmigung des Leiters oder der Leiterin des Archivs vorgelegt werden.
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§ 6
Widerruf der Benutzungserlaubnis

Die Benutzungserlaubnis kann widerrufen werden, wenn
  1. nachträglich Gründe bekannt werden, die zur Versagung geführt hätten,
  2. die Auflagen nicht erfüllt werden,
  3. der Benutzer oder die Benutzerin gegen die Benutzungsordnung verstößt.
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§ 7
Benutzung von Kirchenbüchern

Kirchenbücher nach dem Inkrafttreten des Personenstandsgesetzes am 1. Januar 1876 oder einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung sind nicht zur Ermittlung des Personenstandes zu benutzen. Ausnahmen im Rahmen des Personenstandsrechtes sind möglich, wenn die entsprechenden standesamtlichen Unterlagen nachweislich vernichtet oder verschollen sind.
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§ 8
Belegexemplare

( 1 ) Die Benutzer sind nach § 6 Abs. 5 des Archivgesetzes verpflichtet, von Arbeiten, die unter wesentlicher Verwendung von Archivgut verfasst worden sind, dem Archiv unverzüglich nach Fertigstellung ein Belegexemplar unaufgefordert und unentgeltlich zu überlassen. Ist der Anteil des benutzten Archivgutes am Gesamtwerk gering, so sind Veröffentlichungen unter Angabe des Titels, Verlages und Erscheinungsjahres oder der Zeitschrift dem Archiv anzuzeigen.
( 2 ) Arbeiten, für die ausnahmsweise unverzeichnete Bestände des Archivs benutzt worden sind, sind vor der Veröffentlichung dem Archiv vorzulegen.
( 3 ) Als Veröffentlichungen gelten auch Privatdrucke, Vervielfältigungen und Verbreitung in elektronischen Systemen.
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§ 9
Gebühren und Auslagen

Gebühren und Auslagen für die Inanspruchnahme des Archivs werden nach der Gebührenordnung für die Benutzung kirchlichen Archivgutes in der jeweils geltenden Fassung erhoben.
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§ 10
Benutzung im Archiv

( 1 ) Archivgut, Findmittel und Bücher dürfen nur in dem dazu bestimmten Raum zur festgelegten oder vereinbarten Zeit unter ständiger Aufsicht benutzt werden.
( 2 ) Sie sind sorgfältig und behutsam zu behandeln; alles, was ihren bestehenden Zustand verändert oder gefährdet, ist zu unterlassen. Es ist untersagt, in und auf dem Archivgut, den Findmitteln und Büchern Bemerkungen, Zusätze, Markierungen, Striche oder irgendwelche Zeichen anzubringen, Schriftzüge nachzuzeichnen, zu radieren, Handpausen zu fertigen, beim Lesen die Zeilen mit den Fingern zu verfolgen, die Finger vor dem Umblättern zu befeuchten, Blätter oder Blattecken umzuknicken, den bestehenden Ordnungszustand zu verändern, Blätter zu entnehmen oder die Heftung zu lösen, Umschläge, Siegel, Stempel oder Briefmarken zu entfernen, Archivgut als Schreibunterlage zu verwenden, auf Tischkanten oder den Fußboden zu legen. Über Schäden, Verluste, Unstimmigkeiten oder unrichtig eingefügte Schriftstücke haben die Benutzer sofort die Aufsicht zu unterrichten.
( 3 ) Technische Hilfsmittel des Archivs stehen, soweit der Dienstbetrieb es zulässt, den Benutzern zur Verfügung. Ein Anspruch auf ihre Benutzung besteht nicht. Eigene technische Hilfsmittel dürfen die Benutzer nur mit Genehmigung des Archivs verwenden.
( 4 ) Vor Empfang des Archivgutes haben die Benutzer Überkleidung, Taschen und ähnliches an dem dafür vorgesehenen Platz abzulegen.
( 5 ) Im Benutzerraum ist Essen, Trinken und Rauchen untersagt. Die Benutzer haben Rücksicht auf andere Anwesende zu nehmen.
( 6 ) Vor Verlassen des Archivs sind alle ausgehändigten Archivalieneinheiten, Findmittel und Bücher der Aufsicht zurückzugeben.
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§ 11
Benutzung fremden Archivgutes

Für die Benutzung von Archivgut, das von anderen Archiven und Einrichtungen übersandt wird, gelten die gleichen Bestimmungen wie für archiveigenes Archivgut, sofern die übersendende Stelle nicht anders lautende Auflagen macht. Die Kosten der Versendung und anfallende Gebühren trägt der Benutzer oder die Benutzerin.
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§ 12
Schriftliche Auskünfte

( 1 ) Das Archiv erteilt Auskünfte auf schriftliche Anfragen. Bei der Anfrage sind Gegenstand und Zweck genau anzugeben.
( 2 ) Die schriftlichen Auskünfte des Archivs beschränken sich in der Regel auf Hinweise über Art, Umfang und Zustand des betreffenden Archivgutes.
( 3 ) Ein Anspruch auf Auskünfte, die eine beträchtliche Arbeitszeit erfordern, oder auf Beantwortung von wiederholten Anfragen innerhalb eines kürzeren Zeitraumes besteht nicht.
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§ 13
Reproduktionen

( 1 ) Im Rahmen der Benutzung können Benutzer auf eigene Kosten Reproduktionen von uneingeschränkt für die Benutzung freigegebenem Archivgut im Rahmen der technischen und personellen Möglichkeiten des Archivs herstellen lassen. Das Archiv entscheidet, ob und nach welchem Verfahren Reproduktionen möglich sind. Benutzer dürfen Reproduktionen grundsätzlich nicht selbst anfertigen.
( 2 ) Ein Anspruch auf Herstellung von Reproduktionen besteht nicht. Insbesondere haben Benutzer keinen Anspruch, dass größere Aufträge zu Lasten anderer Benutzer oder des Dienstbetriebes durchgeführt werden.
( 3 ) In der Regel werden nur Teile von Archivalieneinheiten reproduziert. Reproduktionen ganzer Archivalieneinheiten werden grundsätzlich nicht herausgegeben.
( 4 ) Die ausgehändigten Reproduktionen dürfen nur mit Zustimmung des Archivs veröffentlicht, dupliziert oder an Dritte weitergegeben werden. Bei Veröffentlichungen und Vervielfältigungen sind stets das Archiv und die Archivsignatur der Vorlage anzugeben.
( 5 ) Die Weiterverwendung der Reproduktionen für ein anderes als das im Antrag angegebene Forschungsvorhaben bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Archivs.
( 6 ) Reproduktionen von Findmitteln zu uneingeschränkt zugänglichen Archivalien werden nur abgegeben, wenn die Archivalien abschließend geordnet und verzeichnet sind.
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§ 14
Versendung von Archivgut

( 1 ) Zur nicht amtlichen Benutzung darf Archivgut nur in begründeten Ausnahmefällen und nur an hauptamtlich verwaltete Archive oder Handschriftenabteilungen von Bibliotheken befristet versandt werden. Sofern die Benutzung am Ort zumutbar ist, ist die Versendung von Archivgut abzulehnen. Die Versendung an andere Einrichtungen ist nur zur amtlichen Benutzung gestattet.
( 2 ) Betreuung und Rücksendung müssen durch die annehmende Stelle gewährleistet sein. Die Benutzung des versandten Archivgutes richtet sich nach den Vorschriften dieser Benutzungsordnung.
( 3 ) Von der Versendung ausgeschlossen sind Findmittel und Archivgut, das
  1. Benutzungsbeschränkungen unterliegt,
  2. wegen seines hohen Wertes, seines Ordnungs- oder Erhaltungszustandes, seines Formates oder aus anderen konservatorischen oder Sicherheitsgründen nicht zur Versendung geeignet ist,
  3. häufig benutzt wird,
  4. noch nicht abschließend verzeichnet ist.
( 4 ) Die Herstellung von Reproduktionen aus versandtem Archivgut bedarf der Genehmigung des versendenden Archivs.
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§ 15
Ausleihe von Archivgut

( 1 ) Eine Ausleihe von Archivgut an Privatpersonen ist in jedem Fall unzulässig.
( 2 ) Zu Zwecken der Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere für Ausstellungen, kann Archivgut unter bestimmten Bedingungen und Auflagen ausgeliehen werden. Über die Ausleihe ist zwischen dem Leihgeber und dem Entleiher ein Leihvertrag abzuschließen; er bedarf der Genehmigung durch das Archiv der Gliedkirche.
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§ 16
Inkrafttreten

Diese Benutzungsordnung tritt am 1. Januar 2001 in Kraft.

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1 ↑ Red. Anmerkung: Diese Ordnung gilt aufgrund von § 3 des Kirchengesetzes zu dem Vertrag über die Bildung einer Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen vom 21. November 2013 (ABl. 2014 S. 29) mit Änderung vom 21. November 2014 (ABl. 2015 S. 9) ab dem 1. Januar 2015 als Ordnung der Ev-.luth. Landeskirche in Braunschweig fort.