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Verwaltungsanordnung über das Siegelwesen (Siegelordnung)

Vom 3. Juli 1984

(ABl. 1984 S. 73), mit Änderung vom 27. März 1985 (ABl. 1985 S. 47) und vom 11. Mai 2021 (ABl. 2021 S. 86)

In Anlehnung an die von der Evangelischen Kirche in Deutschland erlassenen Richtlinien über das Siegelwesen vom 31. August 1965 (Amtsbl. der EKD 1966 S. 1) erlässt die Kirchenregierung aufgrund des Artikels 76 g) der Verfassung der Landeskirche folgende Verwaltungsanordnung über das Siegelwesen (Siegelordnung):
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I.
Rechtliche Grundbestimmungen

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§ 1
Kirchensiegel

( 1 ) In der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig wird von den kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts als Ausdruck der kirchlichen Eigenständigkeit in Ausübung ihrer Rechte das Kirchensiegel als formgebundenes Beweiszeichen im Rechtsverkehr geführt.
( 2 ) Jede kirchliche Körperschaft hat ein eigenes Kirchensiegel mit einem Siegelbild (§ 8) und einer Siegelumschrift (§ 9) zu führen, wobei die Siegelumschrift die amtliche Bezeichnung der Körperschaft wiedergibt.
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§ 2
Siegelberechtigung

( 1 ) Siegelberechtigt sind die Organe der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig, der Propsteien, der Kirchengemeinden und sonstiger kirchlicher Zusammenschlüsse, welche die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzen, sowie das Rechnungsprüfungsamt der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig.
( 2 ) Jeder Siegelberechtigte einer kirchlichen Körperschaft führt in dem Siegel das ihm zugewiesene Beizeichen (§ 10), sofern mehrere gleiche Siegel angefertigt werden; das Beizeichen kann in besonderen Fällen auch darin bestehen, dass der Siegelumschrift die Bezeichnung des Organs oder auch – gegebenenfalls neben der Bezeichnung des Organs – ein Hinweis auf das siegelführende Amt hinzugeführt wird.
Satz 1 gilt für das Rechnungsprüfungsamt entsprechend.
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§ 3
Siegelführung

( 1 ) Die Ausübung der Siegelberechtigung (Siegelführung) steht demjenigen zu, der nach der kirchlichen Ordnung für den Siegelberechtigten zu handeln befugt ist. Außerdem haben die Inhaber und Verwalter der Pfarrstellen der Kirchengemeinden und die Kirchenbuchführer in Angelegenheiten der Pfarrämter und der Kirchenbuchführung die Befugnis zur Führung des Siegels des Siegelberechtigten.
( 2 ) Sind mehrere Mitglieder eines Siegelberechtigten zur Führung des Kirchensiegels nur gemeinsam befugt, so gilt als Siegelführender nur der Vorsitzende des siegelberechtigten Organs oder dessen Stellvertreter.
( 3 ) Wenn mehrere Personen desselben Siegelberechtigten zur Führung des Kirchensiegels selbstständig befugt sind, soll für jede Person oder für mehrere Personen gemeinsam dem Siegel ein Beizeichen (§ 10) zugewiesen werden.
( 4 ) Das Beidrücken des Siegels ist Sache des Siegelführenden oder der von ihm ständig damit Beauftragten. Der Siegelführende trägt die Verantwortung für die ordnungsgemäße Verwendung und Verwahrung des Siegels.
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§ 4
Übertragung der Befugnis zur Siegelführung

( 1 ) Jeder Siegelberechtigte kann die Befugnis zur Siegelführung auf ihm zugeordnete Ämter und Dienststellen oder bestimmte Personen dieser Einrichtungen übertragen, sofern dazu ein berechtigtes Bedürfnis besteht.
( 2 ) Die Übertragung der Befugnis der Siegelführung bedarf der Genehmigung des Landeskirchenamtes.
( 3 ) Der zur Siegelführung kraft Übertragung Befugte verwendet das Siegel des Siegelberechtigten. § 2 Abs. 2 gilt sinngemäß.
( 4 ) Die Siegelführung obliegt den Leitern der Stellen und den Personen, denen die Befugnis zur Siegelführung übertragen ist.
( 5 ) Im Übrigen finden die Bestimmungen des § 3 Abs. 2 bis 4 entsprechende Anwendung.
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§ 5
Verwendung des Kirchensiegels

( 1 ) Das Kirchensiegel wird der eigenhändigen Unterschrift des Siegelführenden und der nach kirchlicher Ordnung in bestimmten Fällen mitunterzeichnenden Personen, die die Unterschrift im Rahmen ihrer dienstlichen Obliegenheiten vollziehen, beigedrückt:
  1. bei Urkunden, durch die Rechte oder Pflichten begründet, anerkannt oder verändert werden sollen,
  2. bei der Erteilung kirchenaufsichtlicher Genehmigungen,
  3. bei der Erteilung von Vollmachten,
  4. bei amtlichen Auszügen aus Kirchenbüchern und Protokollbüchern,
  5. bei der Beglaubigung von Abschriften von Urkunden und sonstigen Schriftstücken,
  6. bei Schriftstücken von besonderer Wichtigkeit,
  7. in anderen Fällen, wenn es durch kirchliche oder staatliche Vorschriften angeordnet oder anerkannt ist oder der herkömmlichen Übung entspricht.
( 2 ) Die Verwendung des Kirchensiegels in sonstigen Angelegenheiten ist unzulässig. In Stammbüchern dürfen Beurkundungen erst gesiegelt werden nach Eintragung der Amtshandlung im Kirchenbuch.
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§ 6
Beweiskraft

( 1 ) Durch das der Unterschrift beigedrückte Kirchensiegel wird festgestellt, dass die mit dem Kirchensiegel versehene Urkunde von demjenigen, der als Aussteller angegeben ist, herrührt.
( 2 ) Bei Urkunden über Rechtsgeschäfte und bei Vollmachten wird durch die Vollziehung der erforderlichen Unterschriften und durch die Beidrückung des Kirchensiegels darüber hinaus die Gesetzmäßigkeit der Beschlussfassung festgestellt.
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II.
Gestaltung der Kirchensiegel

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§ 7
Grundsatz

Das Kirchensiegel besteht aus Siegelbild, Siegelumschrift und einer äußeren Umrandung.
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§ 8
Siegelbild

( 1 ) Das Siegelbild soll in sachlicher oder geschichtlicher Beziehung zum Siegelberechtigten stehen; es soll Überlieferungen weiterführen.
( 2 ) Das Siegelbild muss klar und einfach dargestellt und in siegelkundlich zulässiger Weise stilisiert sein.
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§ 9
Siegelumschrift

( 1 ) Die Siegelumschrift läuft vom Scheitelpunkt des Siegels an im Uhrzeigersinn ungebrochen und in der Regel einzeilig um das Siegelbild, beim Farbsiegel als dunkle Schrift auf hellem Grund. Wird aufgrund der Länge der Siegelumschrift eine zweite Zeile erforderlich, so kann in begründeten Ausnahmefällen die Siegelumschrift auch im unteren Scheitelpunkt beginnen.
( 2 ) Die Schrift soll würdig und der besonderen Eigenart des Siegelbildes angepasst sein.
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§ 10
Beizeichen

Als Beizeichen wird in den Fällen der §§ 2 Abs. 2,3 Abs. 3,4 Abs. 3 und 24 Abs. 2 zum Zweck der Unterscheidung ein unauffälliges Zeichen, in der Regel Kreuze, Ziffern oder Sternchen, eingefügt.
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§ 11
Siegelform und Siegelart

( 1 ) Das Kirchensiegel hat kreisrunde Form.
( 2 ) In Ausnahmefällen kann aus Gründen der Überlieferung die spitzovale Form zugelassen werden.
( 3 ) Das Kirchensiegel kann als Normalsiegel oder Kleinsiegel, in besonderen Ausnahmefällen auch als Prägesiegel, hergestellt werden.
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§ 12
Siegelgröße

( 1 ) Der Durchmesser beträgt bei der kreisrunden Form
  1. für das Normalsiegel 35 mm,
  2. für das Prägesiegel 35 mm,
  3. für das Kleinsiegel 21 mm.
( 2 ) Die Abmessungen betragen bei der Spitzovalen Form
  1. für das Normalsiegel 30:42 mm,
  2. für das Prägesiegel 30:42 mm,
  3. für das Kleinsiegel 18:24 mm.
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§ 13
Siegelabdruck

( 1 ) Der Siegelabdruck wird allgemein mit dem Normalsiegel oder mit dem Kleinsiegel unter Verwendung eines Farbkissens hergestellt.
( 2 ) Bei besonderen Anlässen kann der Siegelabdruck als Prägesiegel mit einem Prägestock unter Verwendung einer Oblate hergestellt werden.
( 3 ) Das Kleinsiegel soll nur zum Abdruck auf Formularen mit beschränktem Raum verwendet werden.
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§ 14
Siegelfarben

( 1 ) Für das Normal- und Kleinsiegel wird in der Regel schwarze Farbe benutzt; in jedem Fall ist dokumentenechte Farbe zu verwenden.
( 2 ) Für das Prägesiegel wird eine weiße Oblate benutzt.
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III.
Neuanfertigung und Änderung

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§ 15
Grundsatz

Über die Einführung und Gestaltung eines neuen und über die Änderung eines in Benutzung befindlichen Kirchensiegels entscheidet der Siegelberechtigte. Die Entscheidung bedarf der Genehmigung des Landeskirchenamtes.
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§ 16
Siegelentwurf

( 1 ) Zum Zweck der Anfertigung eines neuen Kirchensiegels beauftragt der Siegelberechtigte nach Beratung durch das Landeskirchenamt einen auf dem Gebiet der Grafik erfahrenen Künstler mit der Herstellung des Siegelentwurfs nach Maßgabe dieser Verwaltungsanordnung.
( 2 ) Der Künstler fertigt für den Siegelberechtigten eine Reinzeichnung an. Für das Beschluss- und Genehmigungsverfahren nach § 15 ist eine Reproduktion der Reinzeichnung in Siegelgröße vorzulegen.
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§ 17
Siegelsachverständiger

Das Landeskirchenamt kann vor seiner Genehmigung einen Sachverständigen anhören.
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§ 18
Siegelanfertigung

( 1 ) Die Anfertigung des Siegels nach dem genehmigten Entwurf ist einem Fachbetrieb zu übertragen. Der Künstler soll die Herstellung des Siegels in angemessener Weise überwachen.
( 2 ) Das Normalsiegel und das Kleinsiegel sind aus einem dauerhaften und wiedergabefähigen Stoff (Gummi, Kunststoff, Metall oder gleichwertiges Material) anzufertigen. Das Prägesiegel wird in Metall oder einem gleichwertigen Material ausgeführt. Unbeschadet der Bestimmungen der §§ 10 und 11 Abs. 3 darf von jedem Entwurf nur ein Siegel hergestellt werden.
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§ 19
Ingebrauchnahme

Nach der Fertigstellung des Siegels ist zu prüfen, ob das Siegel mit dem genehmigten Entwurf übereinstimmt und einwandfrei hergestellt ist. Durch Beschluss des Siegelberechtigten wird das Siegel sodann in Gebrauch genommen. Der Beschluss ist dem Landeskirchenamt unter Beifügung eines Abdruckes des Siegels anzuzeigen.
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§ 20
Siegeländerung

( 1 ) Das Landeskirchenamt kann den Siegelberechtigten auffordern, die Änderung eines Kirchensiegels herbeizuführen, soweit das Siegel den Bestimmungen dieser Ordnung widerspricht. Kommt der Siegelberechtigte innerhalb einer angemessenen Frist der Aufforderung nicht nach, kann das Landeskirchenamt das Siegel außer Geltung setzen.
( 2 ) Für die Änderung eines Kirchensiegels gelten im Übrigen die Vorschriften der §§ 16 ff. entsprechend.
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IV.
Sicherungsvorschriften

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§ 21
Aufbewahrung

( 1 ) Jedes Kirchensiegel ist zu inventarisieren. Dabei sind das Datum der kirchenaufsichtlichen Genehmigung und der Ingebrauchnahme anzugeben. Das Kirchensiegel ist nach jedem Gebrauch unter Verschluss zu nehmen.
( 2 ) Die Reinzeichnung und alle sonstigen Unterlagen für die Herstellung des Siegels sind sicher aufzubewahren.
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§ 22
Siegelsammlung

Das Landeskirchenamt führt eine Sammlung der Abdrücke aller im Bereich der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig im Gebrauch befindlichen Kirchensiegel. Für jedes Siegel ist anzugeben:
  1. eine kurzgefasste Siegelbeschreibung,
  2. das Datum der kirchenaufsichtlichen Genehmigung,
  3. das Datum der Ingebrauchnahme,
  4. etwa genehmigte Beizeichen.
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§ 23
Ersetzung, Abnutzung, Beschädigung

Ein durch ein neues Siegel ersetztes Kirchensiegel (§ 19) oder ein abgenutztes oder beschädigtes Kirchensiegel, das keinen einwandfreien Abdruck mehr ergibt, muss der Siegelberechtigte außer Gebrauch setzen. § 20 Abs. 1 findet entsprechende Anwendung.
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§ 24
Abhandenkommen

( 1 ) Das Abhandenkommen eines Kirchensiegels ist unverzüglich dem Landeskirchenamt mitzuteilen. Das abhandengekommene Siegel wird vom Landeskirchenamt außer Geltung gesetzt.
( 2 ) Wird ein Ersatzsiegel angefertigt, das mit dem abhandengekommenen Siegel übereinstimmt, so muss es ein besonderes Beizeichen (§ 10) erhalten.
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§ 25
Archivierung

Wird ein Kirchensiegel außer Gebrauch gesetzt oder wird ein außer Geltung gesetztes Kirchensiegel wieder aufgefunden, so sind diese Siegel an das Landeskirchenamt abzugeben. Diese Siegel werden in das Landeskirchliche Archiv genommen.
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§ 26
Bekanntmachung

Die Ingebrauchnahme eines Kirchensiegels wird im Landeskirchlichen Amtsblatt durch das Landeskirchenamt bekannt gemacht. Ebenso wird bekannt gemacht, wenn ein Kirchensiegel außer Gebrauch und außer Geltung gesetzt wird.
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§ 27
Inkrafttreten

( 1 ) Diese Anordnung tritt am 1. August 1984 in Kraft.
( 2 ) Mit diesem Zeitpunkt tritt die Verwaltungsanordnung über das Siegelwesen vom 23. November 1967 (Amtsbl. 1967 S. 37) in der Fassung der Änderungen vom 22. Februar 1978 (Amtsbl. 1978 S. 39) und vom 17. September 1979 (Amtsbl. 1979 S. 120) außer Kraft.